Häuptlingsdemokratie

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Beitragsfoto: Indianerhäuptling | © Tanison Pachtanom, Shutterstock

Gerade wenn man auf die USA unter der Präsidentschaft von Joe Biden blickt, stellt man fest, wie gut ein Bundesstaat funktionieren kann. Auch zeigt es erneut, dass der Bundesstaat die bessere Lösung für alle ist — auch für uns Europäer.

Ursprünglich waren die Gründungsväter der Europäischen Gemeinschaften und auch die der Bundesrepublik Deutschland fest davon überzeugt und verankerten den Bundesstaat zumindest in den Präambeln des Grundgesetzes oder den Verträgen zur heutigen Europäischen Union.

Aber schon ihre Nachfolger — die ersten Profiteure dieser weltbewegenden Erkenntnis — distanzierten sich klamm heimlich, langsam aber sicher von einem Bundesstaat und schufen dabei die heutige „Häuptlingsdemokratie“. Stets am Puls „ihrer“ Bürger, wussten sie um die Tatsache, dass der „Europäer“ im Gegensatz zum „Amerikaner“ den Hang zum Totalitären nicht ganz ablegen können wird. So war es dann auch Valéry Giscard d’Estaing, der, mit dem Einverständnis Helmut Schmidts, 1974 froh verkündete: „Der Gipfel ist tot, es lebe der Europäische Rat!“ und damit die heutige europäische Häuptlingsdemokratie einleitete.

Ab sofort ersetzte das regelmäßige Schaulaufen unserer demokratisch gekrönten Häupter die Europapolitik; die Kommission mutierte langsam aber sicher zum „Hof“ und das Europäische Parlament, beginnend mit der Kür der jüngsten Kommissionspräsidentin, endgültig zu der Staffage, wie es sich die ersten aufgeklärten Fürsten schon damals vorgestellt hatten.

Und mit Auftreten der COVID-19 Pandemie wurde dieses Erfolgsmodell gerne auch in Deutschland übernommen — wir lauschen, bald schon wöchentlich, den Ergebnissen der Krisengipfel unserer siebzehn „Fürsten“, die ganz alleine über das Wohl und Wehe unserer Republik und deren Bürger entscheiden. Die jeweiligen Parlamente treten dann zusammen, wenn es gilt, diesen Entscheidungen durch Beifallsbekundungen eine Art von Legitimation zu verleihen.

Was letztendlich bei dieser Art von „Häuptlingsdemokratie“ herauskommt, können wir dieses Mal — wobei es hierbei tatsächlich um existentielle Probleme für uns alle geht — ganz gut mitverfolgen und stellen dabei fest, dass uns jeder dieser Gipfel weiter in die Krise stürzt.

Gute Hofberichterstatter stellen dabei auch fest, dass ein gewisser Landesfürst bei jedem Gipfel der Kanzlerin auf dem Schoß sitzt, wohl mit dem Ziel, dem Bürger bis zur nächsten Wahl zu vermitteln, dass er das Kanzleramt „geerbt“ hat und seine Nichtwahl einer Gotteslästerung gleichkäme.

Einzig unsere Parlamente könnten uns noch aus dieser Misere befreien, indem sie nicht nur unsere Regierungen in ihre Schranken verweisen, sondern auch damit beginnen, wieder einmal legislativ tätig zu werden, anstatt nur ihren Privilegien zu frönen und dem Eigenwohl hinterherzulaufen.

Sollte dies unseren Volksvertretern nicht gelingen, und ihre durchsetzungsfähigeren Kollegen mit Star-Allüren weiterhin dem „Häuptlingskult“ hinterherjagen, müssen wir uns nicht wundern, wenn bald in Europa unsere „Fürstchen“ einer nach dem anderen durch einen Führer ersetzt werden, der die totalitaristischen Bedürfnisse vieler unserer Mitbürger besser bedient.


„A people under the menace of war and of invasion is very easy to govern. It does not claim social reforms, it does not cavil over armaments or military equipment. It pays without haggling, it ruins itself at it, and that is excellent for the syndicates, the financiers, and the heads of industry to whom patriotic terrors open an abundant source of gain.“

Anatole France, The New Age (1914, Volume 14, Number 12)

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